Geschichte Neckarsteinachs

Der ursprüngliche Name der Neckartalsgemeinde Neckarsteinach lautete schlicht "Steinach". Diese Bezeichnung leitet sich von dem Odenwaldbach Steinach ab, an dem die Gemeinde liegt. Die Gemarkung Steinach befand sich seit frühester Zeit in wormsischem Besitz. Die Edelfreien von Steinach bekamen das Gebiet vom Wormser Hochstift zum Lehen. Der Hausname des Geschlechts lautete "Bligger". Es handelt sich um einen Namen germanischen Ursprungs: 'ger' ist das germanische Wort für 'Speer'. Bligger bedeutet 'Blitzspeer'.

Ab 1286 nannten sich die Nachkommen der Edelfreien "Landschaden von Steinach". Die Legendentradition hat diesen Namen dahingehend gedeutet, daß es sich hier um ein Raubrittergeschlecht handeln müsse. Diese Eischätzung ist jedoch historisch unzutreffend. Wie die folgenden Ausführungen zeigen, handelt es sich um eine Familie, deren Sprößlinge vielfach hohes gesellschaftliches Ansehen genossen.

Zwischen 1100 und 1230 errichteten die Edelfreien von Steinach vier Burgen, die die Stadt bis heute umgeben. Es handelt sich um die Vorderburg, die Mittelburg, die Hinterburg und um das Schwalbennest. Die Hinterburg ist, als Stammburg der Edelfreien von Steinach, die älteste der vier Burgen. Der Bau wurde ca. 1150 begonnen. Als zweite Burg wurde 1165-1184 die Mittelburg errichtet, als dritte Burg 1190-1200 die Vorderburg und im zweiten Viertel des 13. Jh. als letzte Burg das Schwalbennest.

Im Jahre 1142 wurde Steinach erstmals urkundlich erwähnt. Inhalt der Urkunde ist der Dank des Bischofs von Worms an seinen treuen Steinacher Lehnsmann Bligger I., der seine Güter im Steinachtal für die Gründung des Zisterzienserklosters Schönau zur Verfügung stellte. Die Bedeutung, die Steinach für das Erzbistum Worms hatte, wird sowohl anhand dieser Urkunde deutlich als auch angesichts der Tatsache, daß Bliggers Bruder Konrad von Steinach von 1150 bis 1172 Bischof von Worms war.
ABSTAND
In ganz anderer Weise wurde Bliggers Sohn, Bligger II. (um 1135 - nach 1196) berühmt, bei dem es sich um einen bedeutenden mittelhochdeutschen Lyriker handelt, der 1193-94 und 1196 in der Umgebung von Kaiser Heinrich VI., dem Sohn Barbarossas, bezeugt ist. Von ihm sind zwei Minnelieder erhalten. Das zweite ist wegen einer Anspielung auf Saladin zwischen 1174 und 1193 zu datieren. Bligger II. wird von Gottfried von Straßburg in dessen Versroman "Tristan und Isold" (4691-4722) und von Rudolf von Ems in dessen Minneroman "Wilhelm von Orlens" (12192-12197) und dem Fragment "Alexander" (2205-2218) sehr gelobt. (Rudolf schrieb hier von Gottfried ab.) Das Lob bedient sich Metaphern aus der Textilverarbeitung und gipfelt in der Bezeichnung von Bliggers II. Werk als "Umbehanc" (mhd. für 'Wandbehang', 'Wandteppich'). Es ist umstritten ob es sich hierbei um eine Metapher oder um den Titel eines weiteren Werkes des Gefeierten handelt. Bligger II. gehörte der Hausenschule an. Es handelt sich hier um eine Gruppe von Lyrikern, die sich - benannt nach Friedrich von Hausen (gest. 1190) - um Heinrich VI. gebildet hatte. Die Familie von Hausen kam ebenfalls aus dem kurpfälzischen Raum (Stammburg wohl Rheinhausen bei Mannheim). Friedrich von Hausen begleitete Barbarossa und Heinrich VI. nach Italien und fiel auf dem dritten Kreuzzug.


Mittelburg Neckarsteinach
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Mittelburg Neckarsteinach
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Vorderburg Neckarsteinach
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Schwalbennest Neckarsteinach
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Schon 1208 bezeichnet Pfalzgraf Heinrich der Ältere die Schönauer Mönche als "seiner Herrschaft unterworfen". Sein Sohn feiert 1211 seine Hochzeit in Schönau. De facto wurde Steinach jedoch niemals pfälzisch. Nachdem Eberbach, Mosbach und die Meckesheimer Zent 1330 an die Pfalz fielen, bildete Steinach, zusammen mit der Nachbargemeinde Hirschhorn, eine Enklave im pfälzischen Territorium. Die vier Steinacher Burgen wurden vielmehr an die Bistümer Worms, Speyer und Mainz verpfändet oder verkauft. Offenbar gelang es diesen drei Bistümer den Anschluß Steinachs an die Kurpfalz zu verhindern. Das Steinacher Fürstenhaus pflegte jedoch ein gutes Verhältnis zur Kurpfalz. In der Urkunde zur Stadterhebung von Steinach vom 28. September 1377 erklärt die Fürstenfamilie ausdrücklich ihre "feste Steinach, burg und stat für Kurfürst Ruprecht von der Pfalz zu offen husern", d. h. die Stadt wurde dem Kurfürsten für den Kriegsfall offen zur Verfügung gestellt. Ferner übten Mitglieder der Stainacher Fürstenfamilie am kurpfälzischen Hof in Heidelberg häufig hohe Ämter aus. In den Urkunden erscheinen sie als Stellvertreter, Ratgeber, Hofmeister, Testamentsvollstrecker und sogar Geldgeber der Kurfürsten. Da diese Positionen ausreichend Geld und ansehen einbrachten, gelang es der Familie ab 1474 unter Bligger XIV. die vier Burgen nach und nach wieder in ihren Besitz zu bringen.
ABSTAND

Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz

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