Geschichte Schriesheims
Wann genau Schriesheim entstanden ist, weiß man nicht. Die erste urkundliche Erwähnung findet sich für das Jahr 764. Schriesheim muß jedoch auch vor diesem Datum bereits bestanden haben. Der Humanist Johann Agricola, den Johann von Dalberg im 16. Jh. an die Universität Heidelberg berufen hatte, erfand für die Stadt Schriesheim eine Ursprungslegende ganz nach dem humanistischen Zeitgeschmack. So sollte Schriesheim durch den römischen Kaiser Maximus gegründet worden sein, der den Ort angeblich nach seiner Gattin Scrysa benannte. Andere suchten den etymologischen Ursprung des Ortsnamens Schriesheims bei der römischen Fruchtbarkeitsgöttin Ceres oder der Wassergöttin Syrona. Gemeinsam ist allen diesen Erklärungen der gewaltsame Versuch, den unverstandenen Ortsnamen gewaltsam mit dem römischen Altertum in Verbindung bringen zu wollen. Zwar konnten Archäologen späterer Generationen auf dem Gebiet des heutigen Schriesheim tatsächlich diverse römische Villen nachweisen, diese entstanden jedoch, wie man heute weiß, lange vor und völlig unabhängig von Schriesheim als römische Landhäuser im Umfeld des römischen Lopodunum (=Ladenburg). Es hat also den Anschein, daß Schriesheim seinen Ursprung doch erst im Frühmittelalter hat. Man geht heute davon aus, daß Schriesheim, im 6. Jh. als fränkische Kolonie in dem Gebiet entstand, daß die Franken zu dieser Zeit gerade von den Allemannen übernommen hatten.

Schriesheim gehörte dem Lobdengau an, entzog sich jedoch dessen Rechtshoheit durch seine Zugehörigkeit zur Grundherrschaft des Klosters Ellwangen. Die Vogteirechte über Schriesheim hatte das Kloster an das Adelsgeschlecht von Strahlenberg vergeben. Ähnlich wie die Vögte des Klosters Lorsch zeigten sich im folgenden auch die Strahlenberger bemüht, das Klostergut zu ihrem eigenen Besitz zu machen. Aus dieser Motivation heraus errichtete Conrad I. von Strahlenberg um 1235 oberhalb des Ortes Schriesheim die nach dem Geschlecht genannte Strahlenburg. Dies war ein schwerer Eingriff in die Rechte des Klosters. Der Ellwanger Abt dachte jedoch nicht daran, den Übergriff hinzunehmen. Erst 1220 hatte Kaiser Friedrich II. den geistlichen Fürsten speziell für den Fall unrechtmäßigen Burgbaus auf ihrem Gebiet besonderen Schutz zugesagt. So folgte auf die Klage des Klosters Ellwangen bald die Ächtung Conrads I. von Strahlenberg durch ein weltliches Gericht. Dieser kam damit in große Bedrängnis: er war recht- und schutzlos und alle Verpflichtungen ihm gegenüber waren aufgehoben. Er war daher an einer schnellst möglichen Bereinigung der Situation interessiert. Eine günstige Gelegenheit ergab sich im Sommer 1237. Damals hielt sich der sonst in Süditalien residierende Kaiser in Deutschland auf, um für Unterstützung seines Feldzugs gegen die norditalienischen Städte zu werben. Conrad I. stellte sich ihm zur Verfügung, konnte hierdurch jedoch nur für die Dauer des Feldzugs eine Aufhebung der Acht erreichen. Am 27. November 1237 siegte das kaiserliche Heer bei Cortenuova und Conrad I. kehrte zurück. Nun drohte ihm also erneut die Acht. Für das Kloster Ellwangen war dies eine einzigartige Gelegenheit. Der Abt nutzte die Zwangslage rücksichtslos aus. In einem wohl 1238 geschlossenen Vergleich, verzichtete der Abt auf die Abtragung der Burg, übertrug Conrad I. die Burg mit Burgberg sogar als erbliches Lehen, doch ließ sich dieses Entgegenkommen durch erhebliche Zugeständnisse des Strahlenbergers bezahlen. Conrad I. mußte das, was er an eigenen Gütern und Rechten in Schriesheim besaß, größtenteils an das Kloster Ellwangen abgeben, um es dann, zusammen mit der Burg, als ellwangisches Lehen wieder zu empfangen. Letztlich ging die Rechnung des Abtes allerdings doch nicht auf. Er konnte durch den Vergleich den Aufstieg der Strahlenberger nicht verhindern, da er zum einen die Persönlichkeit Conrads unterschätzt und zum anderen die Kraft einer Lehensbindung überschätzt hatte. Im 13. Jh. war das Lehenswesen bereits in Auflösung begriffen und das Gleichgewicht hatte sich längst zugunsten des Belehnten verschoben.
ABSTAND



Die Strahlenburg
über Schriesheim 1
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Die Strahlenburg
über Schriesheim 2
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Die Strahlenburg
über Schriesheim 3
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Die Strahlenburg
über Schriesheim 4
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Mit dem Bau der Strahlenburg war Conrads I. Ehrgeiz keineswegs befriedigt. Die Burg war nur ein Teil der Gesamtanlage, die ihm vorschwebte. Zu Füßen der Burg legten er bzw. sein Sohn, Conrad II., wahrscheinlich in den 1250er Jahren die Stadt Schriesheim an. Die Stadt entstand neben dem bereits vorhandenen Dorf, das nicht in die Stadtmauern eingeschlossen war. In der Stadt errichteten die Strahlenberger ihren Stadthof, der als Ausweichresidenz neben der Burg gedacht war.

Nachdem Conrad I. um 1250 gestorben war, trat Conrad II. seine Nachfolge an. Durch ständigen Kleinkrieg baute er die Strahlenberger Machtstellung weiter aus und verfeindete sich mit den Pfalzgrafen bei Rhein.
1261 geriet der Wormser Bischof mit dem Pfalzgrafen bei Rhein über Lehensfragen in Streit. Der Bischof verwendete Schriesheim als Schutzschild gegen das anrückende pfälzische Heer, woraufhin Schriesheim stark verwüstet wurde. Auch in anderem Zusammenhang trat Conrad II. für wormsische Interessen ein. Als Belohnung hierfür wurde er mit dem wormsischen Gebiet im oberen Steinachtal belehnt.

Im Jahre 1283 starb Conrad II.. Sein Sohn und Nachfolger, Conrad III., trat, entgegen den Interessen seines Vaters, in pfälzische Dienste. Zwischen 1296 und 1301 fand er einen frühen Tod. Sein Sohn und Haupterbe Rennewart kehrte wieder zur pfalzfeindlichen Tradition der Strahlenberger zurück und näherte sich an das Erzbistum Mainz an, das damals große Anstrengungen unternahm, seinen Besitz an der Bergstraße zu erweitern. (Die Starkenburg bei Heppenheim und die Schauenburg bei Dossenheim waren bereits mainzische Stützpunkte.) 1347 verkaufte er die Strahlenburg und die Stadt Schriesheim allerdings doch an die Pfalzgrafschaft bei Rhein. Die Pfalzgrafen hatten sich daher im Ringen mit Mainz durchgesetzt und Schriesheim wurde pfälzisch.


Verkaufsurkunde
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Als nach dem Tod von Kurfürst Ruprecht III. die Kurpfalz unter seinen vier Söhnen aufgeteilt wurde (Landesteilung), verblieb Schriesheim, trotz seiner geringen Entfernung zu Heidelberg, nicht bei der pfälzischen Kurlinie, sondern wurde Ruprechts jüngstem Sohn Otto zugesprochen und kam damit zu Pfalz-Mosbach. 1448 gab Otto Schriesheim an das von seinem Bruder Stephan begründete Haus Pfalz-Simmern-Zweibrücken ab. Als sich dieses 1459, nach Stephans Tod, in Pfalz-Simmern und Pfalz-Zweibrücken spaltete, kam Schriesheim zu Pfalz-Simmern. Friedrich von Pfalz-Simmern verpfändete es jedoch noch im gleichen Jahr an den Ritter Hans von Sickingen. 1464 trat Friedrich die Pfandschaft an seinen Bruder Ludwig von Zweibrücken ab, der dem Sickinger die Pfandsumme zurückzahlte und Schriesheim so auslöste. Ludwig war der Kurlinie feindlich gesonnen und bezog Schriesheim in seine Pläne für ein militärisches Vorgehen gegen Heidelberg mit ein. Kurfürst Friedrich I. kam Ludwig jedoch zuvor. 1470 wurde Schriesheim samt der Strahlenburg von kurfürstlichen Truppen eingenommen und gehörte seitdem wieder zur Kurpfalz.


Nach dem Wiederanschluß Schriesheims an die Kurpfalz wurde Schriesheim in den Landgerichtsverband der Sachsenheimer Zent integriert. (Der Begriff "Zent" leitet sich von lat. Centum (=hundert) ab, denn in fränkischer Zeit war die Zent auch Grundeinheit des militärischen Aufgebots gewesen.) Das Gericht der Sachsenheimer Zent tagte, unter Vorsitz des Zentgrafen, in Großsachsen. Da kurz zuvor auch Dossenheim, das Kurfürst Friedrich I. an die Pfalz angeschlossen hatte, in die Sachsenheimer Zent integriert worden war, verlagerte sich deren Schwerpunkt jedoch nach Süden. Großsachsen war damit als Gerichtsort der Zent nicht länger zweckmäßig. Bald wurden daher auch in Schriesheim Gerichtssitzungen abgehalten. Auch weil diese, wegen der Nähe zu Heidelberg, für die Heidelberger Amtleute einfacher zu erreichen waren, wurde Schriesheim im folgenden dauerhaft als Zentgerichtsort etabliert. Die Entscheidung fiel vermutlich im Jahr 1476, denn in diesem Jahr wurde der Schriesheimer Wirt Johannes Ammelburg zum Zentgrafen ernannt. Eine zeitlang existierten nun Großsachsen und Schriesheim als gleichberechtigte Gerichtsorte nebeneinander, noch vor 1500 wurde aber der Sitz der Zent endgültig und ausschließlich nach Schriesheim verlegt. Auf Grund der Verlegung des Gerichtsortes sprach man im folgenden nicht mehr von der Sachsenheimer, sondern von der Schriesheimer Zent. Die Gerichtssitzungen in Schriesheim fanden im Rathaus statt.
Als Gerichtsort nahm Schriesheim im 16. Jh. einen rapiden wirtschaftlichen Aufschwung, so daß die schweren, 1470 angerichteten Zerstörungen nach und nach behoben werden konnten.


Älteste Ansicht Schriesheims
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Im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurde Schriesheim erneut stark in Mitleidenschaft gezogen. Daß man in Heidelberg die bevorstehende Bedrohung schon früh erahnte, zeigt die 1619 an die Gemeinde Schriesheim ergangene Anweisung, auf dem Branich, einem Berg bei Schriesheim, ein Wachhaus zu errichten. Bereits 1620 wurde Schriesheim von Tillys Truppen eingenommen. Auf den Westfälischen Frieden (1648) folgte, unter Kurfürst Karl Ludwig, der Wiederaufbau. Das erste, was man 1649 unternahm, war die Säuberung der beiden Ziehbrunnen. Da weiterhin ab und zu kleine Soldatentrupps aufkreuzten (spanisches Militär waren noch bis 1652 in Frankenthal stationiert), war die Instandsetzung der Stadttore das nächste Anliegen. Ferner wurden, durch die verbilligte Abgabe von Bauplätzen und Bauholz, Anreize zum Wiederaufbau geschaffen.

Den Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-1697) überstand Schriesheim unbeschadet, während alle anderen Gemeinden in der Umgebung von den Franzosen zerstört wurden. Durch Tributzahlungen an die französische Armee, hatte man die Zerstörung Schriesheims verhindern können. Als es 1696/97 zum Gegenangriff des römisch-deutschen Kaiserreichs und seiner Verbündeten kam, wurde Schriesheim, das mit seinen unzerstörten Wohngebäuden viele Soldaten aufnehmen konnte, ein wichtiger Stützpunkt der pfälzischen Armee. Ende Oktober 1697 waren die Franzosen besiegt.

Thomas Juelch - Heidelberg und die Kurpfalz

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